Spätestens seitdem der CDU/CSU-Antrag auf sofortige Einführung eines Sexkaufverbots im vergangenen Jahr im Deutschen Bundestag eingebracht wurde, wuchs das Unbehagen in der Branche. Sexarbeitende, denen ich von dem politischen Vorhaben berichtete, schüttelten ungläubig den Kopf; Betreiber:innen runzelten die Stirn und konnten ebenfalls kaum glauben, dass ihre Existenz möglicherweise auf dem Spiel steht. Auch wenn ein Sexkaufverbot im vereinbarten Koalitionsvertrag aktuell nicht festgeschrieben ist, besteht jedoch die Gefahr, dass das Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingebracht werden könnte.
Ich habe mich in den vergangenen Monaten mit Betreiberinnen und Betreibern aus völlig unterschiedlichen Bereichen der Sexarbeit getroffen und nachgefragt, was sie von einem „Nordischen Modell“ und einer „Freierbestrafung“ halten und welche Auswirkungen sich daraus für sie persönlich ergeben würden. Exemplarisch berichte ich hier in Kurzform von den Gesprächen mit Betreiberinnen und Betreibern.
Svenja und Angelina … frühere Escort-Ladies und jetzige Agentur-Chefinnen
Ich treffe Svenja und Angelina im Büro eines befreundeten Steuerberaters im Ruhrgebiet. Beide Damen haben ihre Unternehmen nach eigener langjähriger Tätigkeit im High-Class-Escort-Segment gegründet. Die Diskussion zum Thema Sexkaufverbot haben die Beiden zwar unterschwellig verfolgt, waren dennoch völlig überrascht, als das Thema im vergangenen Jahr in den Bundestag eingebracht wurde. Hier einige der auf gezeichneten Statements:
„Auch wenn wir leider als Vermittler von sexuellen Dienstleistungen seit 2017 unter das Prostituiertenschutzgesetz fallen, haben wir mit dem, was in den Medien als Prostitution dargestellt wird, wenig zu tun. Die Damen, mit denen wir zusammenarbeiten, fallen im normalen Alltag nicht auf, tragen keine aufreizenden Outfits. Man sieht den Ladies nicht an, dass sie einen erotischen Job ausüben. Bei uns gilt: Chanel-Look statt Porno-Look und eine gewisse Allgemeinbildung ist für unsere anspruchsvolle Kundschaft eh Pflicht! Viele der Kolleginnen sind Studentinnen, die sich zum Studium etwas hinzuverdienen. Es gibt aber auch Damen, die einen lukrativen Hauptjob haben und Escort zusätzlich als Lifestyle verstehen. Es ist für mich undenkbar, mit Kolleginnen zusammenzuarbeiten, die unter irgendwelchem Zwang oder unter massivem finanziellem Druck stehen. Bevor ich eine Dame in die Vermittlung aufnehme, telefoniere ich mehrmals mit ihr. Ohne ein persönliches Treffen, wo ich die Lebensumstände noch mal abchecke, kommen wir nicht zusammen! Problemfälle sind als potentielle Geschäftspartnerinnen ungeeignet!“
„Ich war vor meiner Agenturgründung etwa 10 Jahre als selbstständige Escort-Dameunterwegs und habe den Job für mich bewusst gewählt. Niemand hat mich dazu gezwungen und es gab auch keine Freunde, denen ich das Auto finanzieren musste!“
„Die Vorstellung, dass es bei den Dates immer nur um Sex geht, ist einfach falsch. Oft geht man in gute Restaurants, hat interessante Gespräche und hat meist eine angenehme Zeit. Käuflicher Sex ist dann quasi das Ende eines gelungenen Abends. Im Escort sind die Grenzen fließend und dass die Kolleginnen ein Date auch schon mal erotisch sehr genießen, kommt durchaus vor.“
„Sexkaufverbot? – Sind wir im falschen Film? Ich glaube nicht, dass die Politik wirklich den Escort, so wie wir ihn ausüben, verbieten will. Ohne da ein großes Geheimnis zu verraten: in Berlin sind in den Sitzungswochen die Nächte einsam. Es gibt viele Politiker, die bei uns oder unseren Mitbewerbern regelmäßig buchen und sich dann zukünftig auch strafbar machen würden… die würden dann gegen das selbstgemachte Gesetz verstoßen. Bizarr!“
„Ich habe mit einem Politiker gesprochen, der schon öfter bei uns gebucht hat und der zufällig auch der Partei angehört, die den Sexkauf bestrafen will. Er wusste gar nicht so genau, wie der Antrag zustande gekommen ist. Auf lokaler Ebene war das wohl kein Thema! Aber zufällig sind die Beschlüsse wohl auch nicht entstanden. Die übliche Bigotterie halt. Die politische Meinung zum Thema wird von einigen wenigen Personen diktiert. In der CDU/CSU kann man sich schlecht als Sexkäufer outen … oder?“
„Ich glaube, ich lebe in einer romantischen Blase: wir gehören zwar zur Erotikbranche, aber all die Dinge, die ich in den Medien lese, haben mit meiner Welt nichts zu tun kein ‘Sex and Crime’, keine üblen Gestalten, kein Flatrate-Sex, kein Gangbang, keine an stößige Werbung und auch keine Kunden, die Kolleginnen bedrohen oder zu Dingen nötigen, die sie nicht tun wollen. Gesetzte Grenzen werden akzeptiert oder das Date wird abgebrochen.“
„Sexarbeit will man nicht verbieten und daher wird es auch weiter Escort geben, aber eben keine Agenturen mehr wie unsere. Unser Service besteht ja u.a. darin, dass wir die Kundschaft vorselektieren und checken. Wir haben die persönlichen Daten unserer Kunden und kennen zu jeder Zeit den Aufenthaltsort bei einem Date. So kann die Dame sicher sein, nicht an irgendwelche Spinner zu geraten oder gestalkt zu werden. Sobald die Dame beim Kunden eintrifft, erhalte ich ihre Meldung und ich gehe erst schlafen, wenn sie sich nach dem Date zurückgemeldet hat.“
„In den 10 Jahren, in denen ich Dates vermittle, kam es nie zu wirklich kritischen Zwischenfällen. Falls uns ein anfragender Kunde nicht koscher ist oder am Telefon schon stark alkoholisiert klingt, verzichten wir auf den Auftrag. Ja, wir können uns unsere Kunden aussuchen und handeln damit auch im Sinne der Damen. Ärger oder unangenehme Situationen brauchen wir nicht!“
„In meiner Agentur sind wir eine Art Familie, wo man sich auch schon mal bei privaten Problemen austauscht oder sich hilft. Die soziale Komponente ist ganz wichtig. Es sind über die Jahre viele Freundschaften entstanden … auch zu einigen Kunden. Auch Amor hat schon öfter zugeschlagen: Escort-Dame und Kunde wurden ein Paar und wir haben dann gemeinsam gefeiert.“
„Wir halten uns an das Prostituiertenschutzgesetz und kommen allen Pflichten nach. Andere Agenturen sparen sich das, vermitteln aus dem Ausland und haben dadurch keine zuständige Aufsichtsbehörde im Inland. Dieses illegale Geschäftsmodell wird florieren, wenn es in Deutschland zu einem Sexkaufverbot kommt! Das Geschäft lässt sich ja über diverse Messenger-Dienste weltweit betreiben und die Möglichkeiten, die Akteure zu enttarnen und zu belangen, sind begrenzt. Aber: wer würde diesen Aufwand überhaupt betreiben?“
„Vermutlich wird es zukünftig offiziell nur noch Dinner-Dates und Kulturbegleitung als Escort-Dienstleistung geben, so wie bei Corona oder in Städten mit großflächigen Sperrbezirken, wo dieses Deckmäntelchen gute Dienste leistet. Nach dem Dinner entbrennt dann die private Leidenschaft … spontan und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“
„Wenn ich mir anschaue, welch hohe Steuern mein Betrieb regelmäßig an das Finanzamt abführt, frage ich mich, ob dem Staat eigentlich bewusst ist, wie hoch die Einnahmeverluste sein werden, wenn man die legalen Betriebe verbietet? Illegale Tätigkeiten werden ja in der Regel nicht versteuert. Das Verbot schadet also dem Allgemeinwohl.“
„Hoffen wir mal, dass das neue Parlament noch mal gründlich nachdenkt und die vorhandenen Fakten wirklich prüft. Sonst sieht es für uns leider finster aus, obwohl wir uns überhaupt nichts vorzuwerfen haben. Die Ordnungsbehörden und die Polizei kennen uns. Es gab noch nie Probleme!“
Petra … Inhaberin eines Tantra-Massage-Studios
Erotische Massagen und Tantra fallen unter das ProstSchG, sobald die Behandlung ein „Happy End“ (also eine sexuelle Entspannung) beinhaltet. Damit ist klar, dass ein Sexkaufverbot auch in diesem Bereich Folgen haben würde. Petra (52) besitzt seit 12 Jahren ein schmuckes Tantra-Massage-Institut im südlichen Ruhrgebiet, betreut mit 3 Kolleginnen eine zufriedene Kundschaft, ist von dem, was die CDU/CSU plant, alles andere als begeistert und machte ihrem Unmut deutlich Luft:
„Die Kunden in meinem Studio sind nicht die klassischen Freier, die man in den Puffs antrifft und die für möglichst wenig Geld die tabulose Hochzeitsnacht erwarten. Die meisten meiner Gäste sind älter und lassen sich die sinnliche Massage etwas kosten. Fast alle Gäste sind respektvoll. Dass diese netten Herrschaften zukünftig Straftäter wer den, wenn sie sich sinnlich massieren lassen, ist doch völlig absurd! Bei Vielem, was in der Politik so abgeht, kratzt man sich nur noch am Kopf!“
„Die Ladies, die bei mir arbeiten, sehen sich selbst nicht als Prostituierte und die meisten bieten auch keinen Geschlechtsverkehr an. Aber da gibt es keine Abstufungen. Das ist ein Schwachpunkt im Gesetz … schon immer. Die Politik müsste differenzieren, aber das ist scheinbar zu kompliziert oder nicht gewollt.“
„Was mache ich, wenn Sexkauf verboten wird? … Dann muss ich mein Studio wohl schließen, denn auch wenn ich nur noch Massage ohne Happy End anbiete, kann ich mir nicht sicher sein, was meine Kollegin hinter verschlossener Tür tut. Im Zweifelsfall wirft man mir dann eine Straftat vor und das ist alles andere als lustig.“
„Meine Kunden sind eher ängstlich. Bei einem Sexkaufverbot kommt von denen kaum noch einer, selbst wenn es keine Entspannung mehr gibt. Man unterstellt, dass es unter der Hand weiter geht. Ermittlungsverfahren könnten stattfinden.“
„Wir haben hier ein recht strenges Ordnungsamt und ich musste 2019 umfangreiche Umbauarbeiten in meinem Studio vornehmen. Es war ein zweiter Sanitärbereich notwendig, der viel Geld gekostet hat. Dann kam Corona und ich habe noch immer Schulden, die ich abbezahlen muss. Wenn ich schließen muss, bin ich pleite.“
„In meinem Umfeld gibt es jede Menge von asiatischen Massagestudios, über die in den Erotikforen umfangreich berichtet wird. Da geht scheinbar alles, was offiziell verboten ist. Gelten nicht die gleichen Regeln für alle? Sind es nicht diese merkwürdigen Betriebe, die den ganzen Erotikmassage-Bereich in Verruf bringen und wo man ja immer von Menschenhandel und Schleusung spricht? Warum geht man nicht entschieden gegen diese Betriebe vor?“
Hermann Scholer … Vermieter-Urgestein aus Rheinland-Pfalz
Mit 5 eigenen Häusern, 42 Wohnungseinheiten und weiteren Immobilienbeteiligungen ist Hermann Scholer mit seinen Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern seit Jahrzehnten eine feste Größe im „ältesten Gewerbe der Welt“ und das der ältesten Stadt Deutschlands: in Trier. Vor 30 Jahren kam Scholer, der in vielen unterschiedlichen Geschäftsbereichen aktiv ist, durch den Erwerb einer bekannten Nachtbar in die Rotlicht-Szene und ist inzwischen der unangefochtene Marktführer in seinem Distrikt. Der umtriebige Unternehmer verbindet in seinem Geschäftsprinzip alte Schule“ mit „stetiger Innovation“ und hat klare Vorstellungen, was die Prostitution anbelangt:
„Wir haben eine Verantwortung für unsere Mieterinnen und behandeln diese wie vernünftige Leute. Das hat sich in der Branche längst herumgesprochen. Wenn man sich gegenseitig respektiert und mit klaren Regeln arbeitet, vermieten sich die Appartements quasi von selbst, ohne dass man viel Werbung machen muss. Bei stetig vollem Haus und das seit Jahren: da kann man nicht alles verkehrt machen!“
Scholer distanziert sich eindeutig vom Billig-Segment und schlicht zusammengezimmerten Buden, wie man sie an anderen Orten der Republik kennt:
„Es ist doch schrecklich, wenn einen der eigene Arbeitsplatz anwidert. Das muss vernünftig sein und daher haben unsere Zimmer alle eine Klimaanlage, hochwertige Möbel und alles, was man so braucht. In hochwertigem Ambiente arbeitet es sich besser und man bekommt auch die bessere Kundschaft. Wir haben eine eigene Wäscherei wie in einem 4-Sterne-Hotel und machen bei jedem Mieterwechsel eine umfangreiche Desinfektion der Räume.“
„Wer nicht zu unserem Konzept passt, bekommt bei uns kein Zimmer. Viele unserer Mieterinnen kommen seit über 10 Jahren, haben sich einen Stammkundenkreis aufgebaut und wissen, dass sich die höhere Miete, die sie für unseren Komfort zahlen, garantiert rechnet. Sonst kämen sie doch nicht mehrfach im Jahr und immer wieder.“
Die Einführung des ProstSchG war auch für die Scholer-Gruppe zunächst eine Herausforderung, aber man hat sich schnell mit den Behörden vor Ort arrangiert und gemein sam Konzepte entwickelt und umgesetzt:
„Ich mag Ordnung. Das habe ich von Jugend auf gelernt. In unseren Häusern sind Drogen tabu. Da greifen wir sofort durch. Und dass die Behörden die Damen prüfen, schadet nicht, sondern schützt uns doch auch vor undurchsichtigen Verhältnissen. Wir lösen alle Probleme auf dem kurzen Dienstweg. Es hat sich ein Vertrauen entwickelt.“
„Alle Häuser sind mit Überwachungskameras und Alarmsystemen ausgestattet. Rund um die Uhr sind sowohl Hausmeister wie auch Security-Mitarbeiter im Einsatz, die innerhalb weniger Minuten jedes Objekt erreichen. Und natürlich hat mein Team jederzeit ein offenes Ohr für die Mieterinnen: man arbeitet ja mit Menschen und die haben alle ihre privaten Probleme.“
„Für unsere Verwaltung habe ich ein Computer-Abrechnungs- und Dokumentationssystem entwickeln lassen, das ziemlich einzigartig ist. Das ist für die Mieterinnen, die ja oft ihre Belege verlieren, enorm praktisch. Auch das Finanzamt kommt damit prima klar. Im Rotlicht werden die Betriebe fortlaufend geprüft. Bei uns gibt es da nie Probleme.“
Die Diskussion über das „Nordische Modell“ und die daraus resultierenden Folgen hat der „Grand Seigneur“ fest im Blick:
„Wir haben im Laufe der letzten Jahre ein Vermögen in unsere Objekte investiert. Brandschutz, Sicherheitssysteme, regelmäßiger Austausch der hochwertigen Möbel, Klimageräte mit Filtern, die ja bei Corona hilfreich waren. Wenn man unsere Betriebe verbieten würde, wären die Investitionen verloren. Eine normale Vermietung würde die bereits entstandenen Kosten nicht decken. Wir haben uns auf die Zusagen der Regierung ver lassen und würden viel Geld verlieren.“
„Was bei einem Sexkaufverbot mit den Damen passiert? – Sie arbeiten natürlich weiter! Da sind viele dabei, die nie etwas anderes gemacht haben. Die Arbeit wird unangenehmer und gefährlicher, weil man ja im Untergrund tätig wird. Da gibt es dann ein eingeschränktes Ambiente, keinen Alarmknopf und auch niemanden, der zur Hilfe kommt oder ein offenes Ohr für Probleme aller Art hat.“
„Zukünftig quasi illegal zu vermieten, kommt für uns überhaupt nicht in Frage. Mit unseren komplexen Kameras und den Dokumentationssystemen würden wir uns ja selbst überführen. Eine größere Eselei könnte man kaum begehen!“
Zur abschließenden Frage, wie viele Übergriffe und kriminelle Machenschaften er denn in den vielen Jahren seiner Tätigkeit vermelden musste, stellt Scholer fest:
„Vor 30 Jahren war es wild in der Branche. Ich habe ja einige Betriebe von Leuten übernommen, die sich in Haft verabschiedet haben. Mal war es Zuhälterei, oft die Steuer. Viele Frauen hatten früher die üblichen Manager. Das hat sich total geändert. Die Damen arbeiten heute selbstbestimmt und betreiben die Sexarbeit als Geschäft auf Zeit (ohne Parasiten). In den letzten 2 Jahren gab es 2 Zwischenfälle mit Kunden, wo die Security einschreiten musste. Der letzte Fall von Menschenhandel, den wir zur Anzeige bringen mussten, liegt bestimmt schon 10 Jahre zurück. Wir schauen gründlich hin! Schräge Geschäfte und Gestalten schaden doch unserem Image und sowas spricht sich im Internet heutzutage in Windeseile herum. Unsere guten Mieterinnen kommen dann nicht mehr! Und auf Theater haben wir überhaupt keine Lust. Es geht auch ohne!“
Bianca und Simone (Berlin) … zwei rührige Vermieterinnen im Kiez
Berlin ist bekannt für seine vielen kleinen Erotikbetriebe, in denen eine überschaubare Anzahl von Damen arbeiten. Einziger Großbetrieb in Berlin ist das bekannte Artemis. Große Laufhäuser sucht man vergebens. Bianca und Simone sind zwei gestandene Vermieterinnen, die früher selbst aktiv in der Sexarbeit tätig waren und sich schon vor Jahren mit eigenen Betrieben selbständig gemacht haben. In der Zimmervermietung Rose gibt es 5 Zimmer. Das Geschäft besteht darin, die stilvoll und individuell eingerichtete Räume direkt an die Kunden auf Zeit zu vermieten. Die Raummiete geht an die Betreiberinnen, das Honorar für die sexuelle Dienstleistung wird mit der jeweiligen Sexarbeiterin ausgehandelt und von dieser vereinnahmt.
Von Beginn der Selbständigkeit an arbeiten beide vornehmlich mit Damen aus dem Großraum Berlin, die quasi „auf Arbeit“ kommen und abends wieder bei Partner oder Familie sind. Termindamen, die wochenweise anreisen und eine Übernachtungsmöglichkeit benötigen, sind die Ausnahme. Man arbeitet mit „Stammfrauen“, die man über Jahre kennt und denen man auch vertraut. In der Regel kennt man auch das familiäre Umfeld, man feiert zusammen, tauscht sich aus und hilft sich gegenseitig bei Problemen aller Art. Eine soziale Struktur, die nichts mit Ausbeutung oder Zwang zu tun hat.
„Wenn ich die Berichterstattung so verfolge, schüttele ich nur noch den Kopf. Prostitution in Berlin ist doch nicht nur Gewalt und Elend, wie auf dem Strassenstrich an der Kurfürstenstrasse. Die vielen gemütlichen kleinen Wohnungsbordelle, von denen es in jedem Berliner Bezirk welche gibt, sind das absolute Gegenteil: bei uns gibt es keine Drogen, keinen Ärger, keinen Stress. Und Damen, die man zu etwas zwingt, gibt es bei uns auch nicht! Auch unsere Kunden sind sehr verträglich: die haben wir uns schon erzogen.“
„Die Kiez-Bordelle haben einen besonderen Charme, sind eher gemütlich als modern. Aber dafür gibt es in Berlin eine gute Kundschaft, die unseren Stil zu schätzen weiß. Entspannt arbeitet es sich doch viel besser und da wir während der Öffnungszeiten immer im Haus sind, können wir jederzeit einschreiten und Konflikte schon im Keim ersticken.“
„Bei uns arbeiten ganz normale Frauen. Es müssen keine Fotomodelle sein. Damen, die das Herz am rechten Fleck haben und dabei einen guten Service bieten, sind beliebt und haben sich eine zufriedene Stammkundschaft aufgebaut. Einige Damen kommen schon seit fast 10 Jahren zu uns und es läuft nach wie vor gut. Wir kümmern uns um alles und das schätzen die Kolleginnen sehr.“
„In Berlin sind die Tarife für sexuelle Dienstleistungen niedriger als in anderen Regionen der Republik. Wenn man hier trotzdem gut verdienen will, muss man mit Qualität überzeugen und darf die Kunden nicht über den Tisch ziehen. Wer zu unserem Team gehören will, muss das beherzigen. Wenn die Chemie nicht stimmt, trennt man sich lieber, bevor das Klima leidet. Wenn man den Job selbst einmal gemacht hat, hat man ein entsprechendes Näschen.“
„Gerade in einer Stadt wie Berlin, wo man bei Einbruch der Dunkelheit als Frau besser nicht mehr mit S- oder U-Bahn fährt oder durch Problemviertel läuft, wäre ein Sexkaufverbot eine totale Katastrophe. Haus- und Hotelbesuche an unbekannten Orten bei unbekannten Leuten? Wenn es die legalen Betriebe, wo immer Kolleginnen und eine Aufsicht vor Ort sind, nicht mehr gibt, wird es hier drunter und drüber gehen und Übergriffe sind vorprogrammiert!“
„Wir bieten kein Nachtgeschäft an. Spät erscheinende Gäste sind häufig alkoholisiert und auch oft auf Droge, was dann zu Problemen führt. Je später, desto schwieriger. Das tun wir uns bewusst nicht an!“
„Unsere vorgeschriebene Notrufklingel wurde bislang nur einmal betätigt und das auch nur, weil eine Dame im Eifer des Gefechts versehentlich dran gekommen ist.“
„Es hält sich das Gerücht, dass im deutschen Sexgewerbe ausschließlich Migrantinnen arbeiten. Interessanterweise ist bei uns der Anteil deutscher Frauen sehr hoch und es gibt bei uns sogar deutsche Neueinsteigerinnen. Den Frauen ist es wichtig, vor Ort auch jemanden zum Quatschen zu haben … über alltägliche Dinge, aber auch über Dinge, die den Job betreffen.“